Friday, July 10, 2015

Borussia Dortmund: Schnelles Umschalten adé - Ballbesitzfußball im Fokus

Kawasaki Frontale v Borussia Dortmund - Preseason Friendly



Thomas Tuchel ist nun kaum mehr als eine Woche bei Borussia Dortmund im Amt. Trotzdem ist bereits eine andere Akzentuierung der Traningsschwerpunkte zu bemerken. Statt des, vor allem in den Meisterjahren, erfolgreich praktiziertem Umschaltspiel, legt Tuchel nun die Konzentration auf das Spiel mit dem Ball. 

Steht Borussia Dortmund damit taktisch vor dem Umbruch? Und welche Vor- und Nachteile ergeben sich durch die taktische Umstellung?

Wer in den heutigen Tagen beim Training der Dortmunder zuguckt, meint schon fast einen Pep Guardiola an der Seitenlinie zu beobachten. Der neue Übungsleiter beobachtet die Spieler nicht nur ruhig von der Seitenlinie, sondern gestikuliert, erklärt und zeigt Verbesserungen auf. Dabei ist der Trainer detailversessen und führt Dinge auf, die die Profis bisher nicht kennenlernten. 

Das Umschaltspiel

Borussia Dortmund machte vor allem in den beiden Meisterjahren auf sich aufmerksam. Die Mannschaft hatte ein unglaubliches Laufpensum. Die Idee dahinter war, dass der Gegner mit einem 'Gegenpressing' zum Ballverlust gezwungen wurde. Anschließend wurde der Angriff meist durch Ilkay Gündogan über die schnellen Außenspieler Marco Reus und Jakub Blaszczykowski vorgetragen. In der Mitte wartete Robert Lewandowski auf die Bälle und verwertete sich eiskalt. 

Die Vorteile

Das Umschaltspiel ist besonders dann interessant, wenn der Gegner 'vermeintlich' überlegen ist und das Spiel diktieren möchte. Dieses Spiel kann durch das Gegenpressing unterbrunden  und der Angriff überraschend eingeleiten werden. Für dieses Spiel bedarf es einiger wichtiger Komponenten. Zum Einen muss die Fitness exzellent sein - durch das ständige Anlaufen und Pressen des Gegners, ist der Spieler nahezu ständig dazu gefordert, sein volles Laufpensum abzuarbeiten. Zudem benötigt es schnelle Außenspieler. Dabei sind nicht nur die Flügelspieler wichtig, sondern auch die Außenverteidiger, die mit nach vorne schieben, hinterlaufen und Angriffe initiieren. 
Kurz gefasst - das Credo könnte lauten: Lass dem Gegner das Gefühl, dass er das Spiel gestaltet, unterbreche die Angriffe und starte eine überfallartigen Gegenangriff.

Die Nachteile

Gerade bei defensiv eingestellten Gegnern, ist die Wirkung des schnellen Umschaltspiels nicht in der besonderen Form bemerkbar. Wenn der Kontrahent keine Angriffe initiiert, kann auch kein Gegenpressing erfolgreich praktiziert werden. Das führt dazu, dass die Flügelspieler nicht über genügend Freiheiten verfügen, um in die Spitze vordringen zu können.

Das Ballbesitzspiel

Das Ballbesitzspiel wurde in den vergangenen Saisons zum Hauptproblem von Borussia Dortmund. Die Mannschaft hatte vor allem unter Jürgen Klopp Probleme dabei, dass sich gegnerische Mannschaften auf das Umschaltspiel eingestellt hatten. Somit verstärkten die Kontrahenten ihren Defensivbund und die Dortmunder Akteure verzweifelten.

Die Vorteile

Der Spielstil des Ballbesitzes wird deshalb von einigen Teams praktiziert, da es relativ unabhängig von dem Gegner initiiert werden kann. Ein hervorragendes Beispiel ist dabei der FC Bayern München - die Akteure von Pep Guardiola lassen den Ball zirkulieren und versuchen durch die häufige Pässe, irgendwann in den gegnerischen Strafraum zu gelangen. 

Kurz gefasst - das Credo könnte lauten: Den Ball und Gegner laufen lassen und durch Pässe in die Spitze zum Torabschluss kommen.

Die Nachteile


Durch das Zirkulieren des Balles innerhalb des Mittelfeldbereichs geht sicherlich ein gewisses Maß an Tempo verloren. Der nötige Zug zum Tor kann dabei abhanden kommen und es entwickelt sich eine Spielweise, die eher dem Handball gleicht und schnell in 'Ballgeschiebe' enden kann.

Bahnt sich nun eine taktische Revolution im Signal-Iduna Park an?

Sicherlich ist der Sprung zwischen einem Umschalt- zu einem Ballbesitzspiel nicht gerade klein. Trotzdem ist er vor allem das Personal bei Borussia Dortmund (noch) nicht auf dieses Spiel ausgelegt. Gerade die offensiven Außenbahnen leben von ihrem direkten und schnörkellosen Spiel, welches sich vor allem in seiner Gradlinigkeit auszeichnet. 

Dass Borussia Dortmund seine Spielweise im Hinblick auf defensiv eingestellte Gegner ändern wird, steht dabei außer Frage. Thomas Tuchel äußerte sich hinsichtlich der Taktikumstellungen folgendermaßen : „Eigener Ballbesitz ist im Training ganz klar der Schwerpunkt. Wir wollen eigene Spielprinzipien entwickeln. Es ist wichtig, dass wir zusammenspielen und Idee entwickeln.“Soll heißen, dass gerade in ausweglosen Situationen Spielzüge kreiert werden sollen.

Diese Ideen haben auch vor den Spielern keinen Halt gemacht. Neven Subotic bemerkte gegenüber Sky:  „Bei Thomas Tuchel lernen wir jetzt sehr viel über Ballbesitz, es geht wirklich um Details. Mit welchem Fuß man den Ball annimmt, wie man den Ball passen soll.“
Man kann also gespannt sein, wie sich Borussia Dortmund unter dem neuen Trainer präsentieren wird. Eine neue Spielweise kann einerseits neue Impulse setzen, aber andererseits auch ein funktionierendes Konstrukt zerstören. Ein Beispiel für solch eine negative Konnotation erlebte Hannover 96 - die spielerische Anlage war auf Ballbesitz ausgelegt, obwohl das Umschaltspiel größtenteils erfolgreicher war

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