Tuesday, August 11, 2015

Borussia Dortmund: Julian Weigl ist der Gewinner der Vorbereitung

Senkrechtstarter beim BVB: Julian Weigl



Mit ihm hätte so schnell wohl keiner gerechnet: ​Neuzugang Julian Weigl von Zweitligist 1860 München ist der große Gewinner der ersten Tuchel-Wochen und präsentiert sich als Senkrechtstarter in der Vorbereitung. Ausgerechnet in dem Mannschaftsteil, in dem die wohl größte qualitative Dichte herrscht, ist Weigl dabei, sich einen Namen zu machen. Tuchel spricht von "tollen Zeichen, die wir von ihm bekommen." Als Nebenmann von Ilkay Gündogan scheint er momentan die Nase vorn zu haben – trotz harter Konkurrenz um Sven Bender und 11-Mio-Einkauf Gonzalo Castro.

Der für "kleines Geld" (2,5 Millionen Euro) verpflichtete, junge Mittelfeldspieler, hat beim neuen Trainer schon viele Plus-Punkte sammeln können. Tuchel zeigt sich immer wieder begeistert über die "Frische und Unbekümmertheit" des Jugendnationalspielers - und hebt gleichzeitig dessen Lernfähigkeit hervor: "Er saugt die Dinge ganz schnell auf, um sich dem höheren Trainingsniveau und der höheren Intensität anzupassen. Er ist aktuell in einem tollen Zustand und macht einen sehr guten Eindruck." Weiterhin betont der Ex-Trainer der Mainzer: "Weigl ist ein total klarer, herzlicher Junge. Es macht vom ersten Tag an viel Spaß mit ihm." Das hat später dann auch Teamkollege Ilkay Gündogan bestätigt, der ähnlich wie Tuchel regelrecht ins Schwärmen gerät: Weigl sei ein Diamant, "es gilt, ihn zu schleifen". Chefcoach Tuchel ergänzte zudem: "Julian hat einen Riesenschritt aus der 2. Liga gemacht. Sein Vorteil, dass ein neuer Trainer mitkommt, dass es für alle bei Null losging, hat er ausgenutzt.“ 

So selbstbewusst wie auf dem Platz präsentierte sich Julian Weigl nach seinem Heimdebüt auch den Reportern. Unbefangen und zwanglos blickte der 19-Jährige auf sein erstes Pflichtspiel vor der schwarzgelben Kulisse zurück. Die mehr als 65.000 Zuschauer im Signal Iduna Park ließen den Ex-60er gegen Wolfsberg ebenso wenig unruhig werden wie der Druck, der auf diesem K.o.-Spiel lastete. Auch wenn Weigl am Wochenende gegen Chemnitz nicht in der Anfangsformation stand, sondern erst in der 72. Minute eingewechselt wurde, darf er sich große Hoffnungen machen, am Samstag beim Bundesliga-Start gegen Gladbach in der ersten Elf zu stehen. Zwar wird er in den kommenden Monaten wohl körperlich noch ordentlich zulegen müssen, allerdings glänzte er in nahezu allen bisherigen Einsätzen für den BVB durch präzise Pässe, gute Übersicht und eine feine Technik. Trotz seiner abgeklärten Auftritte vor den Kameras bringt Weigls Blitz-Start beim BVB sogar ihn selbst ins Staunen: „Ich kann das gar nicht erklären. Ich wollte mich an das Tempo gewöhnen und von den Spielern lernen. Ich genieße jede Minute, die ich bekomme.“ Und wenn man seinen Trainer reden hört, dürften noch viele Minuten hinzukommen: "Man sieht jeden Tag, dass es vorwärts geht, dass er wahnsinnige Lust drauf hat", lobt Tuchel. "Man hat schon gemerkt, dass es für ihn anfangs etwas Besonderes war, vor so vielen Leuten zu spielen. Aber er hat sich frei gespielt und das nach wenigen Minuten schon sehr gut gemacht."
Es ist ein steiler Aufstieg für einen Spieler, der schnelle Auf- und Abstiege eigentlich gewohnt ist: Der damalige Trainer Ricardo Moniz machte ihn zu Beginn der vorherigen Saison mit 18 Jahren zum jüngsten Kapitän der Löwen-Geschichte. Nach zwei Spieltagen allerdings war er die Binde schon wieder los: Mit einigen Mannschaftskameraden gönnte er sich einen feucht-fröhlichen Abend, im Taxi fielen einige abfällige Bemerkungen über den eigenen Verein. Weigls Pech: Der Taxifahrer war glühender Löwen-Fan und verpetzte die Nachtschwärmer. Doch der inzwischen 19-Jährige scheint seine Lektion gelernt zu haben. In Dortmund tritt er auf dem Feld zwar mit großem Selbstbewusstsein, neben dem Platz aber sehr demütig auf. Diese Art mag Tuchel, weswegen der Coach seinem Talent derzeit auch vertraut - die Frage ist, ob dies auch der Fall ist, wenn der Gegner kein österreichischer Provinzklub ist, sondern, wie zum Saisonauftakt Borussia Mönchengladbach, allerhöchstes Bundesliga-Niveau verkörpert.

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